Right Livelihood Award 2022: Preisträger*innen zeigen Wege für notwendige gesellschaftliche Transformationen

STOCKHOLM – Die diesjährigen Preisträger*innen kommen aus Somalia, der Ukraine, Venezuela und Uganda und machen durch ihre Arbeit deutlich, dass in Zeiten dysfunktionaler und zerfallender politischer Ordnungen ein Systemwandel möglich und nötig ist. Auf Krisen infolge autoritären Regierungshandelns, Kriegen, profitorientierten Wirtschaftssystemen und politischer Untätigkeit angesichts der Klimakatastrophe antworten sie mit neuen Modellen gesellschaftlichen Miteinanders, die den jeweiligen Status quo herausfordern und in Frage stellen.

Die Preisträger*innen des Jahres 2022 sind:

Fartuun Adan und Ilwad Elman “für die Förderung von Frieden, Entmilitarisierung und Menschenrechten in Somalia angesichts von Terrorismus und geschlechtsspezifischer Gewalt”.

Oleksandra Matwijtschuk und das Center for Civil Liberties (CCL) “für den Aufbau nachhaltiger demokratischer Institutionen in der Ukraine und die Gestaltung eines Weges zur internationalen Strafverfolgung von Kriegsverbrechen”.

Das Kollektiv Cecosesola aus Venezuela “für die Entwicklung einer gerechten und leistungsfähigen Gemeinschaftsökonomie als Alternative zum profitorientierten Wirtschaftsmodell”.

Das Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO) “für den mutigen Einsatz für Klimagerechtigkeit und die Rechte betroffener Gemeinden, die durch ausbeuterische Energieprojekte in Uganda verletzt werden.”

“Die Preisträger*innen des Right Livelihood Awards 2022 stärken und fördern basisorientierte Gemeinschaften. Angesichts des Versagens von Regierungen und des Zusammenbruchs bestehender Ordnungen – in Form von Kriegen, Terrorismus, Ausbeutung, massiver Vertreibung und Wirtschaftskrisen – schaffen sie neue, auf den Menschen ausgerichtete Systeme. Ihre Erfolge zeigen, wie wir Gesellschaften auf Grundsätzen von Gerechtigkeit statt Ausbeutung aufbauen können”, sagte Ole von Uexkull, Executive Director von Right Livelihood.

Mit Matwijtschuk und CCL werden erstmals Akteur*innen aus der Ukraine mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet.

Der 1980 gegründete Right Livelihood Award ehrt und unterstützt couragierte Menschen, die sich den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit stellen. Die Auszeichnung ist mit einer langfristigen Unterstützung verbunden, um die Arbeit der Preisträger*innen international bekannt zu machen und dauerhaft zu stärken.

Im Jahr 2022 wurden 175 Nominierte aus 77 Ländern berücksichtigt. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Edward Snowden (Vereinigte Staaten von Amerika), Dr. Denis Mukwege (Demokratische Republik Kongo) und Greta Thunberg (Schweden).

Die Preisträger*innen des Jahres 2022 werden am Mittwoch, dem 30. November, im Rahmen einer live übertragenen Veranstaltung in Stockholm geehrt.

Bitte beachten Sie unser aktualisiertes Logo! Weitere Informationen finden Sie in unserer Pressemappe.

Weitere Informationen über die Preisträger*innen finden Sie hier.

Fotos und Videos der neuen Preisträger*innen finden Sie hier.

Medienkontakte

Internationale Medien: Emoke Bebiak, emoke.bebiak@rightlivelihood.org, +41 78 333 84 84

Deutschsprachige Medien: Julia Naumann and Nina Tesenfitz, presse@rightlivelihood.org, +49 170 5763 663

Spanische Medien: Nayla Azzinnari, nayla@rightlivelihood.org, +54 9 11 5460 9860

Schwedische Medien: Sydney Nelson, sydney.nelson@rightlivelihood.org, +46 73 043 13 01

Osteuropäische Medien: Marina Shupac, marina.shupac@rightlivelihood.org, +41 76 746 13 59

Fotos, Videos: Mikaela Fredrikson, mikaela.fredrikson@rightlivelihood.org

Kurzbiografien der Preisträger*innen von 2022

Alle Preisträger*innen 2022

 

Fartuun Adan und Ilwad Elman

Fartuun Adan und Ilwad Elman sind somalische Menschenrechtsverteidigerinnen, die gemeindenahe Projekte zur Friedenskonsolidierung leiten und damit marginalisierten Gruppen lebensrettende Unterstützung bieten. Mit ihrer Organisation Elman Peace haben Mutter und Tochter innovative und kulturspezifische Ansätze entwickelt, die Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt unterstützen, ehemalige Kindersoldat*innen resozialisieren sowie Frauen und Jugendlichen berufliche Bildung und das Erlernen von Führungskompetenzen ermöglichen.

Der gemeindebasierte Entwaffnungs- und Wiedereingliederungsansatz von Elman Peace setzt an den Ursachen von Extremismus an und bietet damit sowohl ehemaligen Kindersoldat*innen als auch gefährdeten Jugendlichen neue Perspektiven. Zu diesem Prozess gehören psychosoziale Unterstützung, Rehabilitierung, Bildung, Qualifizierung und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Aufgrund ihres Erfolgs wurde das Modell von Adan und Elman auf ähnliche Konflikte in West- und Zentralafrika ausgeweitet.

Elman und Adan haben den Ansatz von Elman Peace institutionalisiert, damit die Arbeit über Generationen hinweg Bestand hat. Mit der Vision, Wissen zu demokratisieren, anstatt selbst immer mehr Elman Peace-Standorte zu eröffnen, entwickelten sie das Netzwerk Peace by Africa, zu dem inzwischen mehr als 60 friedensfördernde Organisationen gehören. Gemeinsam mit Peace by Africa befähigt Elman Peace Frauen sowie die nachfolgenden Generationen, sich gleichberechtigt an den Prozessen zu beteiligen, die ihr Wohlergehen sichern.

Biografische Informationen

Fartuun Adan
Geburtsort: Mogadischu, Somalia
Geburtsdatum: 2. Februar 1969

Ilwad Elman
Geburtsort: Mogadischu, Somalia
Geburtsdatum: Dezember 22, 1989
Twitter: @IlwadElman
Instagram: @ilwadelman

Elman Peace
Website: www.elmanpeace.org
Twitter: @ElmanPeaceHRC
Instagram: @elmanpeace

Zitat Ilwad Elman:

“Wenn wir mitten in Projekten stecken, sind wir oft sehr absorbiert. Und merken gar nicht, dass andere uns sehen und die Anstrengungen, die wir unternehmen, würdigen. Dieser Preis bietet Anerkennung und ein Netz der Solidarität, nicht nur für meine Mutter und mich, sondern auch für das große Team, mit dem wir arbeiten und das nicht immer im Rampenlicht steht.”

Oleksandra Matwijtschuk und das Center for Civil Liberties (CCL)

Oleksandra Matwijtschuk ist eine der prominentesten ukrainischen Menschenrechtsverteidigerinnen, die sich für eine vollständige demokratische Transition und Rechtsstaatlichkeit einsetzt. Als Vorsitzende des Zentrums für bürgerliche Freiheiten (CCL) trägt sie mit ihrer Organisation seit über einem Jahrzehnt maßgeblich zur Stärkung der ukrainischen Zivilgesellschaft und staatlicher demokratischer Strukturen bei und setzt sich für die Förderung nationalen und internationalen Rechts ein. Ihre Arbeit, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen zu dokumentieren, ebnet den Weg zur gesellschaftlichen und rechtlichen Aufarbeitung, die seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 umso wichtiger ist.

CCL wurde 2007 gegründet, um Menschenrechte, Demokratie und Solidarität in der Ukraine und Eurasien zu fördern. Die Organisation erlangte 2013 größere Bekanntheit, als sie während der gewaltsamen Niederschlagung der Euromaidan-Proteste Menschenrechtsverletzungen dokumentierte und Rechtshilfe leistete. Die Organisation hat außerdem Initiativen entwickelt, um Bürgerrechtsverletzungen durch verschiedene Regierungsbehörden zu erfassen, Menschenrechtsbildung zu leisten sowie den Druck auf die Zivilgesellschaft und die Verfolgung von Menschenrechtsverteidiger*innen zu dokumentieren.

Im Bereich des internationalen Rechts engagieren sich Matwijtschuk und CCL seit langem für den Beitritt der Ukraine zum Internationalen Strafgerichtshof. Ihre Dokumentationen von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen setzen hierfür Standards. Mit ihrer Arbeit sorgen Matwijtschuk und CCL dafür, dass Menschenrechtsverletzungen geahndet werden und in der Ukraine eine demokratische Zukunft entstehen kann.

Biografische Informationen

Oleksandra Matwijtschuk
Geburtsort: Kiew, Ukraine
Geburtsdatum: Oktober 8, 1983
Ausbildung: Magister der Rechtswissenschaften
Twitter: @avalaina

Zentrum für bürgerliche Freiheiten (CCL)
Hauptsitz: Kiew, Ukraine
Gegründet in: 2007
Website: ccl.org.ua

Zitat Oleksandra Matwijtschuk:

“Wir durchleben gerade eine sehr dramatische Zeit in der ukrainischen Geschichte, wir kämpfen für die Freiheit in jeder Hinsicht. Wir kämpfen für die Freiheit, ein unabhängiger Staat zu sein, wir kämpfen für die Freiheit, Ukrainer*innen zu sein, wir kämpfen für die Freiheit, eine demokratische Wahl zu haben. Dafür zahlen wir einen sehr hohen Preis. Ich betrachte diese Auszeichnung daher als Geste der Unterstützung für unseren Kampf im Allgemeinen und für meine Arbeit im Besonderen.”

Cecosesola

Cecosesola (Central de Cooperativas de Lara) ist ein Netzwerk von Gemeinschaftsorganisationen aus einkommensschwachen Regionen, das erschwingliche Waren und Dienstleistungen für mehr als 100.000 Familien in sieben venezolanischen Bundesstaaten produziert und bereitstellt.

Durch einen aktiven, umfassenden Prozess des kulturellen Wandels ist das Netzwerk in den vergangenen 55 Jahren stetig gewachsen und umfasst nun auch genossenschaftliche Bestattungsdienste, Lebensmittelmärkte, ein Gesundheitsnetzwerk, Spar- und Darlehensdienste sowie landwirtschaftliche Produktion und kleine Verarbeitungsbetriebe. Die Aktivitäten von Cecosesola sind nahezu vollständig selbstfinanziert und werden weit unter den Einzelhandelspreisen angeboten.

Cecosesola ist eine Leuchtturminitiative und eine Inspiration für alle, die nach alternativen ökonomischen Ansätzen suchen und das traditionelle hierarchische Modell in privaten und staatlichen Unternehmen überwinden wollen. Die Organisation versteht sich als lernendes Kollektiv, das die Dynamiken, die im Arbeitskontext entstehen, gemeinsam reflektiert. Transparenz, gegenseitige Unterstützung und Gerechtigkeit sind die Leitwerte.

So entwickelt sich Cecosesola steig weiter, um den Herausforderungen, mit denen die venezolanische Gesellschaft zu kämpfen hat – Nahrungsmittelknappheit, Hyperinflation, Massenabwanderung und Finanzkrisen – bestmöglich zu begegnen. Cecosesola lebt von flachen Hierarchien, in der alle Standpunkte gehört und Entscheidungen im Kollektiv getroffen werden.

Biografische Informationen

Hauptsitz: Barquisimeto, Venezuela
Gegründet im: 1967
Website: https://cecosesola.org/
Twitter: @RedCecosesola
Instagram: @redcecosesola
Facebook: @RedCecosesola

Zitat von Cecosesola-Repräsentant*innen:

“Dieser Preis gibt uns die Möglichkeit, unsere mehr als 50-jährige Erfahrung international bekannt zu machen – und neue Beziehungen zu Organisationen und Menschen zu knüpfen, die sich ebenfalls für den Aufbau einer solidarischen Welt einsetzen.”

Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO)

Das Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO) ist eine ugandische Organisation, die Gemeinden dabei unterstützt, sich gegen umweltschädliche Projekte bei der Öl- und Gasförderung zu wehren. Durch Lobbyarbeit, Medienkampagnen sowie lokale und internationale rechtliche Schritte hat AFIEGO dafür gesorgt, dass die Stimmen der Gemeinden bei Entscheidungsträger*innen Gehör finden.

Die Entdeckung der kommerziellen Ölreserven Ugandas im Jahr 2006 hat in den vergangenen Jahren vermehrt zu Landraub, illegalen Vertreibungen und Umweltzerstörung geführt. Das 2005 gegründete AFIEGO ist heute ein wichtiger Akteur zum Schutz der Rechte betroffener Gemeinschaften.

Insbesondere setzt sich die Organisation dafür ein, den Bau der East African Crude Oil Pipeline (EACOP) zu stoppen, die Rohöl aus Uganda zu einem Hafen in Tansania transportieren soll. Die Dokumentation und Veröffentlichung der Auswirkungen der geplanten Pipeline auf die lokalen Gemeinden durch AFIEGO hat maßgeblich dazu beigetragen, dass es heute internationalen Druck gibt, um den Bau zu stoppen.

Die Arbeit von AFIEGO erfährt immer wieder heftige Gegenreaktionen seitens der ugandischen Regierung. Mitarbeiter*innen werden bedroht, schikaniert, festgenommen und inhaftiert. AFIEGO kämpft jedoch unerschrocken weiter für den Umweltschutz und das Wohlergehen der betroffenen Gemeinden – mit juristischen Mitteln und indem die Organisation den Stimmen der Zivilgesellschaft Gehör verschafft.

Biografische Informationen

Hauptsitz: Kampala, Uganda
Gegründet in: 2005
Website: www.afiego.org

Zitat Dickens Kamugisha, AFIEGOs Vorstandsvorsitzender:

“Für die Arbeit, die wir hier in Uganda leisten, braucht es Ermutigung, braucht es Motivation. Wir sind mit einem sehr feindseligen Umfeld konfrontiert, einschließlich Verhaftungen. Wenn die Regierung weiß, dass es auf der ganzen Welt Menschen gibt, die unsere Arbeit für richtig halten, überlegt sie es sich zwei Mal, ob sie uns oder unsere Gemeinschaften angreift. Dieser Preis bedeutet also, dass wir noch viel mehr Gemeinschaften helfen können.”